120 Jahre SJ- ein historischer Rückblick

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Die Sozialistische Jugend feiert im November ihr 120 jähriges Bestehen. Grund genug, sich mit der Entstehungsgeschichte, den politischen Zielen und den Hauptgeschehnissen auseinanderzusetzen.

Im November 1894 wurde der „Verein Jugendlicher Arbeiter“ in Wien Margareten gegründet, deren Haupttätigkeit das gemeinsame Lernen, Lesen und Vorlesungen aus revolutionären Werken bildete. Nach kurzer Zeit standen auch soziale und politische Fragen an der Tagesordnung.

Nach der Gründungsversammlung am 3.Juni 1894 in dem Lokal „Zur Roten Brezen“, wo unter anderem über den Auftrag einer Satzungsausarbeitung entschieden wurde fand schließlich am 4. November die Vereinsgründung statt. Von diesem Zeitpunkt an gab es einen sozialistischen ArbeiterInnenjugendverein, der sich dafür einsetzte die politischen Forderungen der Jugendlichen öffentlich zu machen. Vor allem Proteste gegen die unwürdigen Bedingungen für Lehrlinge standen im Mittelpunkt. Anfangs noch von der Partei und von der Gewerkschaft kritisch beäugt wurde der „Verein Jugendlicher Arbeiter“ schon bald eine wichtige Stütze der österreichischen ArbeiterInnenschaft. Trotz Repressionen und „Schwarzen Listen“ ausgehend von den Innungen wuchs der Verein beständig und konnte 1896 150 Mitglieder vorweisen.

Die Erfolge des Vereins in Wien führten dazu, dass 1901 in Graz ein zweiter „Verein Jugendlicher Arbeiter“ gegründet wurde. Des Weiteren erschien im Oktober 1902 die erste Ausgabe der Zeitung „Der Jugendliche Arbeiter“, welches neben Artikeln über Lehrlingsprobleme auch einen Erziehungs- und Kulturanspruch hatte. Bald darauf waren Funktionäre auf allen Partei- und Gewerkschaftsveranstaltungen vertreten, der Zuspruch und die Förderungen erhöhten sich beständig in den Reihen der Partei.

Doch auch innerorganisatorisch erfolgten einige tiefgreifende Veränderungen. Am 13. März 1903 wurde erstmalig ein landesweiter Verband Jugendlicher Arbeiter Österreichs gegründet. Auf dieser Konferenz wurde ein weitgehender Forderungskatalog verfasst, der unter anderem die Begrenzung der Maximalarbeitszeit für Personen unter 18 Jahren auf acht Stunden beinhaltete. Zudem markierte diese Zeit den Beginn der internationalen sozialistischen Zusammenarbeit der Jugendorganisationen auf der Basis eines Leitgedankens: Verhinderung künftiger Kriege und Kampf gegen Militarismus. Ein weiterer interner Wendepunkt war die Tatsache, dass ab dem Jahr 1912 auch junge Frauen Mitglieder in dem Verein werden durften.

Nach dem ersten Weltkrieg und der Abschaffung der Monarchie begann eine revolutionäre Zeit, in der einige Forderungen des Vereins umgesetzt wurden. 1919 fand die Umbenennung in „Sozialistische Arbeiter Jugend“ (SAJ) statt und der Verein entwickelte sich zu einer Massenorganisation mit einem Mitgliederstand von 38.000 im Jahre 1923. Ein Höhepunkt der Aktivitäten der SAJ bildete das internationale Jugendtreffen 1929 in Wien, bei dem sich über 50.000 Jugendliche politisch austauschen konnten.

Das Vorrücken des Faschismus zwang die SAJ, sich mit Formen des Widerstandes und der zukünftigen Arbeit in der Illegalität auseinanderzusetzen. Als nach den Februarkämpfen 1934 der austrofaschistische Staat errichtet wurde, erfolgte ein Verbot der SAJ. Dennoch blieb sie als „Revolutionäre Sozialistische Jugend“ (RSJ) im Untergrund tätig. Auch die Sozialistische Jugend-Internationale musste mit zahlreichen Schwierigkeiten kämpfen. Nach der schweren Niederlagen der europäischen ArbeiterInnenbwegung stellte sie 1940 ihre Tätigkeiten ein.

Während des zweiten Weltkrieges war es für die SAJ praktisch unmöglich, koordiniert und zentral im Untergrund zu arbeiten. Trotzdem leistete sie Widerstand in allen erdenklichen Formen.
1945 wurde die Organisation unter ihrem heutigen Namen als „Sozialistische Jugend Österreich“ neu konstituiert, Vorsitzender wurde damals Peter Strasser. Einige Jahre später wurde die heute noch bestehende Zeitung „Trotzdem“ ins Leben gerufen. Die SJÖ verstand sich ab dem Zeitpunkt an als eine Organisation für alle Jugendlichen, unabhängig von der Beschäftigung und des Geschlechts mit dem Ziel, junge Menschen für den Sozialismus auszubilden und sie zu mündigen und kritischen Menschen mit einem Demokratieverständnis zu erziehen. Ein weiterer zentraler Leitgedanke war der Kampf gegen faschistische Staatsformen und die Aufklärung darüber. Des Weiteren wurde der Fokus wieder vermehrt auf internationale Arbeit gelegt, da 1946 die Sozialistische Jugendinternationale in Paris unter dem Namen „International Union of Socialist Youth“ (IUSY) wiedererrichtet wurde.

Die 1950er- Jahre waren geprägt von einer Entpolitisierung und von sinkenden Mitgliederzahlen. Als Gegenmaßnahme wurde die „Aktion Kader“ erschaffen, die jedoch keinen Erfolg zeigte. Diese Krise konnte erst 10 Jahre unter dem Verbandsvorsitzenden Peter Schieder überwunden werden, indem neue Formen von Jugendarbeit mit traditionellen verbunden wurden.

Ein weiterer wichtiger Wendepunkt in der SJ-Geschichte war der Verbandstag 1976, auf dem Josef Ackerl zum Verbandsvorsitzenden gewählt wurde. In dieser Zeit vollzog sich innerhalb der Organisation eine radikale Linkswende, welche auch in der verabschiedeten Grundsatzerklärung zum Ausdruck kommt. Den größten und einflussreichsten Flügle in der SJ bildeten nun die AnhängerInnen des Austromarxismus. Nur zwei Jahre später wurde Josef Cap Verbandsvorsitzender, welcher die Tätigkeitsbereiche der SJ besonders auf drei Themen konzentrierte: die Friedenspolitik, Arbeitszeitverkürzung und die Atomkraftwerk-Debatte.
Durch die Wahl von Andreas Kollross zum Vorsitzenden der SJ NÖ vollzog sich in den 90er Jahren zunächst in Niederösterreich ein Kurswechsel in Richtung marxistisch dominierter Jugendpolitik. Traditionelle Elemente der Organisationsgeschichte, wie beispielsweise das Tragen der Blauhemde oder das Singen von ArbeiterInnenliedern wurden mit modernen Aspekten kombiniert, wie etwa der Bildungswerkstatt.

Durch diese Veränderungen wurde auch die Kritik am Verband aus einigen Landesorganisationen immer lauter, welcher einige Misserfolge zu verzeichnen hatte: der Schuldenstand der SJ betrug mehrere Millionen Schilling, das öffentliche und mediale Erscheinen war verschwindend gering, etc. Auf dem Verbandstag 2000 erreichte dieser Zustand seinen Höhepunkt. Zwei Flügel standen einander gegenüber- einerseits der modernistische Flügel, der verantwortlich war für die Arbeit der letzten Jahre, andererseits der austromarxistische Flügel. Als schließlich der zweite Flügel die Wahlen gewann, vollzog sich innerhalb der SJ ein bedeutender Wechsel hin zu einer auf dem Marxismus basierenden Organisation. Obendrein wurden organisatorische Veränderungen geschaffen, welche die SJ wieder stärkten wie etwa eine verstärkte mediale Präsenz und diverse Kampagnen in den Bereichen Drogen, Bildung und Sozialabbau.

Durch die Wahl von Wolfgang Moitzi als Verbandsvorsitzender im Jahr 2008 wurde unter anderem die interne Organisationsarbeit gestärkt, der Schwerpunkt auf internationale Arbeit gelegt und sehr häufig Parteikritik geübt. Insbesondere die sehr ausgedünnte Demokratie innerhalb der SPÖ war in den letzten Jahren ein relevantes Thema. Die Forderung nach mehr interner Demokratie wird uns auch beim Bundesparteitag am 29.11. begegnen.

Text: Nikolina Franjkic
Faktorartikel: Heft 3/2014 - Seite 26-28