Weibliche Genitalverstümmelung als Machtinstrument!

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Was ist FGM?

FGM (Female Genital Mutilation) bezeichnet das teilweise oder vollständige Entfernen der äußeren weiblichen Geschlechtsteile oder andere Verletzungen, die den weiblichen Geschlechtsorganen zugefügt werden. Die Formen reichen von einer Entfernung der Klitoris-Vorhaut bis zur Entfernung der Klitoris, sowie auch der inneren und/oder äußeren Schamlippen. Anschließend wird die vaginale Öffnung auf die Größe eines Streichholz großen Loches zugenäht. In den meisten Fällen wird die Genitalverstümmelung ohne Betäubung und unter unhygienischen Bedingungen mit Schnittgeräten wie Messern, Rasierklingen, Scheren oder Glasscherben vorgenommen. Weltweit sind mehr als 200 Millionen Mädchen* und Frauen* von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen, meistens im Baby- oder Kleinkindalter. In Österreich (Stand: 2006) sind circa 8.000 Frauen* von FGM betroffen. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher sein.

Warum wird FGM praktiziert? 

Hinter FGM steht das Patriarchat. Es wird behauptet, dass nicht-verstümmelte Frauen* unrein und nicht heiratsfähig seien. Hinter diesem Vorwand steht eine jahrtausendealte Tradition, bei der die Besitzergreifung des weiblichen* Körpers im Vordergrund steht. Ebenfalls findet sich in FGM die Vorstellung, dass die weibliche* Sexualität gezügelt und damit (für den Mann) kontrollierbar gemacht werden muss. Frauen* und Mädchen* wird dadurch vermittelt, dass Sexualität ausschließlich Männern vorbehalten sei. Weitere Annahmen über FGM sind, dass sie Hygiene und Fruchtbarkeit sicherstellt, da nur verstümmelte Frauen* „rein“ und fruchtbar wären. Eltern lassen ihre Töchter auch genital verstümmeln, weil sie der Ansicht sind, dass sie nur so Chancen auf einen guten Ehemann haben. Sie symbolisiert auch häufig den Eintritt der Mädchen* in das Erwachsenenalter und ist eng mit der gesellschaftlichen Anerkennung als erwachsene Frau* verknüpft.

FGM wird meistens von Beschneiderinnen* sowie Krankenschwestern oder Ärzt*Innen durchgeführt. Diese sind sozial hoch angesehen und werden durch diese Tätigkeit gut bezahlt.

Wo wird FGM praktiziert? 

FGM ist besonders in westlichen, östlichen und nordöstlichen Regionen Afrikas, in einigen Ländern Asiens und im Nahen Osten verbreitet. Laut der UNICEF Datenbank ist die größte Häufigkeit von FGM bei Mädchen* und Frauen*, im Alter von 0-14 Jahren, in folgenden Ländern zu beobachten: Mali (73%), Gambia (56%) und Mauri (51%). Der Prozentsatz von Mädchen* und Frauen* im Alter zwischen 15 und 49 Jahren, ist in folgenden Ländern Afrikas am höchsten: Somalia (98%), Guinea (97%) und Djibouti (93%) (Stand: Oktober 2018). Veranschaulichung (Stand: 2017):

Folgen von FGM für Betroffene: 

FGM kann schwere körperliche sowie psychische Belastungen wie auch den Tod zur Folge haben:

  • Häufig kommt es zu Entzündungen und Infektionen bis hin zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung.
  • Den Rest ihres Lebens haben betroffenen Frauen* und Mädchen* große Schmerzen beim Urinieren und während der Menstruation.
  • Geschlechtsverkehr ist ebenfalls sehr schmerzhaft und es gibt für sie keine Möglichkeit eines normalen sexuellen Lustempfindens.
  • Bei der Geburt eines Kindes kommt es häufig zu Komplikationen, die auch zum Tod von Mutter und Kind führen können. FGM ist beispielsweise für die hohen Raten an Müttersterblichkeit in Afrika und Asien mitverantwortlich.
  • FGM hat negative seelische Auswirkungen, die von Ängsten bis hin zu schweren psychischen Beeinträchtigungen führen.

Rechtliche Folgen in Österreich: 

  • Genitalverstümmelung ist eine schwere Körperverletzung und wird mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft – auch bei Einwilligung der Betroffenen*..
  • Die Tat ist auch bei Begehung im Ausland strafbar!
  • Die Verjährungsfrist beginnt erst, wenn die Betroffene* volljährig geworden ist.
  • Bestraft werden Täter*innen und Helfer*innen.

Häufige Vorurteile: 

“FGM wird aus religiösen Gründen praktiziert!” 

→ Fakt ist, dass es für FGM keine religiöse Rechtfertigung gibt. Weder wird sie von der Thora, dem Koran oder der Bibel verlangt.

“FGM gibt’s nicht in Österreich!” 

→ In Österreich gab es seit 2006 keine öffentlich zugängliche Datenerhebung über FGM-Betroffene mehr. Der Stand von 2006 besagt, dass in Österreich circa 8.000 Mädchen und Frauen von FGM betroffen sind. Die Dunkelziffer ist wesentlich höher.

“Wieso soll sich Österreich damit auseinandersetzen?”

→ Weil Österreich bestimmte Anlaufstellen für betroffene Frauen* und Mädchen* unterstützen und fördern soll, wie bspw. Fem-Süd. Außerdem fordern wir, dass Österreich FGM als Fluchtgrund anerkennt und Sensibilisierungsarbeit betreibt.

Unterstützung für Betroffene: 

Beratungsstellen für von FGM betroffene Frauen* und Mädchen* sind:

  • FEM Süd – Frauengesundheitszentrum (im Kaiser Franz Josef-Spital (SMZ-Süd) Kundratstraße 3, 1100 Wien T: 01/601 91-5201 E: femsued.post@wienkav.at www.fem.at)
  •  HEMAYAT – Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende (Sechsschimmelgasse 21 1090 Wien T + F: 01/216 43 06 E: office@hemayat.org www.hemayat.org)
  • Orient Express – Frauenberatungsstelle (Schönngasse 15–17/2, 1020 Wien T: 01/728 97 25 E: office@orientexpress-wien.com www.orientexpress-wien.com)

Telefonische Beratung und weiterführende Links:

  • 24-Stunden-Frauennotruf (T: 01/71 71 9, frauennotruf@wien.at)
  • Opfer-Notruf (T: 0800/112 112, www.opfer-notruf.at)
  • Österreichische Plattform gegen weibliche Genitalverstümmelung (www.stopfgm.net, SJÖ ist Teil dieser Plattform)

Forderungen: 

➤ Wir fordern, dass FGM in Österreich als Fluchtgrund anerkannt wird!   Zurzeit ist dies nicht der Fall, obwohl FGM als Menschenrechtsverletzung* gilt.

* Folgende Menschenrechte werden durch FGM verletzt:

  • Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und auf ein Leben frei von Gewalt (inkl. der Sicherheit der Person) 2.4.1
  • Recht auf Gleichbehandlung, auf den gleichberechtigten Schutz durch das Gesetz und die Freiheit von allen Formen der Diskriminierung 2.4.2
  • Recht auf den höchsten Standard der physischen und geistigen Gesundheit 2.4.3
  • Rechte des Kindes (da FGM/C häufig an minderjährigen Mädchen durchgeführt wird) 2.4.4